Montag
22.08.2009:
Aufbruch in den Süden der Lofoten. Unsere Unterkunft für
die letzten sechs Tage befindet sich im kleinen Örtchen
Hamnøy auf
der Insel Moskenesøya. Dunkle Wolken begleiten uns auf
der Fahrt über die E10 mit kleinen Zwischenstopps in
Ramberg und Vikten (Glasbläserei und sehr schöner
Sandstrand). Und dann kommen wir in Hamnøy an. Mir
verschlägt es fast die Sprache. Die Lofotenwand erhebt
sich hier fast senkrecht aus dem Meer. Der Olstinden
ragt 675 m fast wie eine Haifischflosse aus dem
Kjerkfjord heraus. Und die Sonne scheint mit Fotowolken
über den Bergen. Das Gepäck schnell in der Hütte
verstaut und sofort raus zum Fotografieren! Wer weiß,
wie lange das Wetter so bleibt. Ich konnte natürlich
damals nicht wissen, dass wir in den folgenden Tagen
„Kaiserwetter“ bekommen würden und das Wetter im
weiteren Bericht keine Rolle mehr spielen wird. Von den
Fotos des ersten Tages stelle ich nur wenige ins Netz,
später konnte ich noch bessere Schnappschüsse machen.
Die Sonne scheint und wir wollen den ersten Tag richtig
nutzen. Schließlich ist es noch bis weit nach 21.00 Uhr
hell. Die Aussicht vom Reinebringen lockt. Diese Tour
gilt als eine der spektakulärsten in den südlichen
Lofoten. Das hat mehrere Gründe. Nirgendwo anders kommt
man so schnell auf einen überragenden Aussichtspunkt,
wie hier.
An
keiner anderen Stelle haben wir einen solchen Ausblick
genießen können. Und kein anderer Abstieg war so
beschwerlich, wie der Rückweg vom
Reinebringen. Gegen
16.00 Uhr brachen wir auf. Es geht zunächst auf der an
dieser Stelle sehr schmalen E10 bis Reine (einspurige
Brücke), am Ort vorbei bis zu einem Parkplatz. Die E10
führt dann durch einen Tunnel. Wir halten uns links
davon auf der alten Straße und erreichen nach wenigen
Metern den Aufstiegspunkt zum Reinebringen. Der Pfad ist
nicht markiert. Leider habe ich vergessen, ein Foto vom
Zugang zu machen. Haben wir einmal den Einstieg
gefunden, können wir unser Ziel nicht mehr verfehlen. Es
steigt nur ein Pfad steil zum Reinebringen auf, aber
wirklich steil. In diversen Wanderführern haben wir
Angaben von bis zu 60% Steigung gefunden. Es ist also
eine schweißtreibende Angelegenheit, die reichlich 400
Höhenmeter zu bezwingen. Der Weg ist dazu noch von
Geröll durchsetzt und wahrscheinlich meist schlammig.
Jedenfalls war er dies bei unserem Aufstieg. Bei
Regenwetter sollte man die Tour auf jeden Fall
unterlassen, schon der mangelnden Sicht vom
Gipfel/Sattel wegen. Im Bergsattel angekommen, erwartet
uns ein nicht in Worte zu fassendes Bergpanorama und ein
Blick über den Reinefjord. Am späten Nachmittag stand
die Sonne so, dass ich nicht auf den rechten Gipfel
aufstieg, sondern den Pfad von der Einsattelung nach
links folgte, Richtung Helvete (730 m). Nach etwa 5
Minuten Weg fand ich einen Aussichtpunkt, der mir die
Möglichkeit zu Fotos über den gesamten Reinefjord und
bis in den angrenzenden Kjerkfjord zuließ. Der Abstieg
gestaltete sich deutlich schwieriger als der 60-minütige
Aufstieg. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir bei
unseren Bergtouren schon mal länger für den Abstieg
benötigt hätten, als für den Aufstieg. Leider hatten wir
unsere Trekkingstöcke zu Hause gelassen. Mindestens an
diesem Tag wären sie sehr hilfreich gewesen.
Bei Kaiserwetter wollen wir zu "Traumstränden wie in der
Karibik" aufbrechen. Traumstrände jenseits des
Polarkreises? Na mal sehen. Gegen 9.45 Uhr starten wir
von dem kleinen Örtchen Marka aus zur Bucht vom
Kvalvika. Die Anfahrt erfolgt über die E10 nach Norden.
Vor Ramberg biegen wir nach links Richtung Fredvang ab
und fahren weiter das kurze Stück bis Marka auf einer
Schotterpiste. Der – wie immer – nicht markierte Pfad
besitzt aber
immerhin am Anfang ein Hinweisschild mit der Aufschrift
Kvalvika. Der Weg steigt zunächst bis zum See
Markavatnet an. Steinig wie alle Pfade auf den Lofoten
geht es weiter. Die 600 bis knapp 800 Meter hohen Berge
umrahmen unseren Trail. Nach etwa 90 Minuten erreichen
wir das Meer. Uns erwartet ein breiter weißer
Sandstrand, wie man ihn nicht besser erwarten kann. Das
türkisblaue Meer lockt zum Bad. Bei Außen- und
Wassertemperaturen von vielleicht 15 Grad ist das aber
nur etwas für Hartgesottene. Ein zweiter Sandstrand
schließt sich Richtung Norden an. Bei Ebbe kann man über
das Geröllfeld klettern, das beide Strände trennt. Bei
Flut muss man eine seilgesicherte Kletterpartie an der
Steilküste wagen. Wir haben es bei Ebbe relativ leicht,
unseren Platz für die Mittagsrast zu erreichen. Da die
Wanderung bisher relativ „easy“ verlief, wollen wir noch
den Ryten besteigen, einen aus dem Meer aufragenden 543
Meter hohen Gipfel. Der Aufstieg beginnt steil, wird
dann aber deutlich flacher und eher eine Frage der
Ausdauer. Das breite Hochplateau des Gipfels bietet uns
eine herrliche Aussicht über das Meer und bis nach
Ramberg mit den bizarren Lofotengipfeln der Insel
Flakstadøya. Absteigen müssen wir den gleichen Weg.
Zurück geht es nun über den Geröllsattel Skoren relativ
weglos. Vom Sattel aus bewegen wir uns durch ein
Hochtal, verlaufen können wir uns kaum. Die Richtung ist
vorgegeben. Wir steigen langsam wieder zur Küste ab und
erreichen die Küstenstraße zwischen Fredvang und
Krystad. Mirko war schon etwas eher abgestiegen und
holte uns mit dem Auto von der Straße ab. Wir haben
heute nicht nur Traumstrände gesehen sondern auch eine
Traumaussicht vom Ryten genossen.
„Wo die Wand am monumentalsten ist“ – so charakterisiert
unser gedruckter Wanderführer die Tour von Sørvågen bis
zur Brücke über den Djupfjord. Ausgangspunkt des Trails
ist diesmal die Siedlung Sørvagen. Man fährt dazu auf
der E10 nach Süden fast bis ans Ende der Straße in Å.
Der Ort vor Å heißt Sørvågen. Wir schlagen den Weg zur
Munkebu-Hütte ein. Ab und zu finden wir Hinweisschilder
zu dieser Hütte. Der Pfad steig zunächst nur mäßig an,
wird dann aber steiler und führt kettengesichert über
einige schräge Platten. Bei Regen möchte ich hier nicht
unbedingt
gehen. Aber das Wetter ist ja für uns jetzt kein Thema
(Kaiserwetter). Wir erreichen ein Hochplateau, auf dem
es ganz gemütlich weiter geht, aber nur kurz. Bald geht
es wieder steiler nach oben. Wir erreichen die
Djupfjordheia, eine Hochfläche, die uns den Blick sowohl
auf den tief unten gelegenen
Djupfjord als auch auf die
gegenüberliegende Lofotenwand eröffnet. Wir stehen dem
mächtigen Felsmassiv des Hermannsdaltinden gegenüber,
dem mit 1029 m höchsten Gipfel der Insel Moskenesøya.
Der Berg erhebt sich über dem See Krokvatnet. Unweit des
Sees liegt die Munkebu-Hütte, ein guter Ausgangspunkt
zur Besteigung des Hermannsdaltinden. Während einer
ausgiebigen Rast genießen wir das Panorama. Das
schwerste Stück des Weges liegt noch vor uns. Wir müssen
von der Djupfjordheia zum Fjordufer steil in engen
Serpentinen absteigen. Wer nun glaubt, er sei auf
Meereshöhe angekommen und hätte es fast geschafft, -
schließlich sieht man in der Ferne schon die Brücke über
den Fjord -, sieht sich bald getäuscht. Jetzt geht es
noch etwa eine Stunde lang am Fjordufer entlang, wobei
der Weg ständig auf- und absteigt und von Geröll und
Schlammlöchern übersät ist. Hier ist Geduld und Ausdauer
gefragt. Schließlich ist aber auch das letzte Stück
bewältigt. Gut wenn man ein Auto mit hat. Und einen
Fahrer, der schon vorausgeeilt ist und uns abholt. Sonst
müssten wir noch an der Straße bis Sørvågen zurücklaufen.
Der Nusfjord ist eines der beliebten Postkartenmotive
der Lofoten. Hier werden die Bustouristen hingefahren.
Wir laufen
natürlich
hin, von Nesland aus, immer an der Küste entlang. Heute
haben wir also mal eine Wanderung ohne große
Höhenunterschiede vor uns. Das sollte ja kein Problem
sein, hätte ich gedacht, wenn ich nicht schon knapp zwei
Wochen auf den Inseln unterwegs gewesen wäre. Neslund
erreicht man von der E10 aus auf einer schmalen
Nebenstraße, die kurz vor Ramberg nach rechts abbiegt.
Vom Ende der Straße in Nesland (genauer gesagt also in
Ost-Nesland) beginnt der Weg zunächst ganz gemütlich der
Küste entlang gen
Nusfjord. Bald tauchen aber die ersten
Geröllfelder vor uns auf. An einigen Stellen wird der
Trail zum Balanceakt. Ketten sichern an schwierigen
Passagen den Weg. Kurz vor dem Nusfjord steigen wir über
eine Holzleiter nach unten. Nach reichlich zwei Stunden
erreichen wir das Museumsdorf. Tote Fische im Fjord
begleiten die letzte Wegstrecke. Was war hier wohl
passiert? Die meisten Häuser im Museum waren leider
schon verschlossen – eben Nachsaison. Das gab uns
Gelegenheit einen kleinen Aussichtshügel im Ort zu
besteigen und so die begehrten Postkartenmotive selbst
zu „knipsen“. Mirko war auf halbem Weg umgekehrt, um das
Auto zu holen – sonst hätten wir den gleichen Weg
zurückgehen müssen. Wir unternahmen deshalb noch eine
kleine Anschlusswanderung bis Kilian zum „Auslaufen“.
Sonst wäre die Tour schließlich zu kurz geworden als
Tagespensum.
Abschließen
möchte ich diesen Bericht mit einigen kurzen
Ausführungen
zum kürzesten Ort der Welt – was den Namen
betrifft. Wer im Süden der Lofoten unterwegs ist, muss
unbedingt nach Å. Nicht nur, aber auch wegen des Namens.
Hier befindet sich das Stockfischmuseum der Lofoten.
Recht interessant anzuschauen, mit deutschen Erklärungen
auf einem Handzettel und sogar einer Filmvorführung in Deutsch. Sonst ist
allerdings fast alles auf das Hauptklientel der
Touristen abgestimmt, nämlich auf die Italiener.
Schließlich nehmen sie etwa 80% des erzeugten
Stockfischs traditionell ab. Der „Rest“ wird fast
ausschließlich nach Afrika geliefert, zum größten Teil
nach Nigeria, auch die mehrfach von mir fotografierten
getrockneten Fischköpfe. Von Å aus, hier endet übrigens
die E10 in einem Parkplatz (!), kann man noch eine sehr
schöne Wanderung entlang des Sees Åvatnet unternehmen.
Allerdings ist nur ein Seeufer passierbar. Man muss also
den gleichen Weg wieder zurück. Wie immer war der Pfad
steinig, schlammig, mit Ketten teilweise gesichert...,
aber wie immer auch der Mühe wert. Unmengen von Pilzen
standen nicht nur am sondern buchstäblich auf dem Weg.
Unser Bedarf an Pilzmahlzeiten war aber zum Ende des
Urlaubs bereits gedeckt.

Nach zwei Wochen müssen wir leider wieder zurück nach
Deuschland. Auf der
Rückfahrt von Hamnøy nach Evenes
machen wir noch einen kurzen Fotostopp an den höchsten
Bergen der Inseln. Hinter den Bergen liegt der
Trollfjord. Dieses Mal schauen wir bis zu den Gipfeln
auf, auch wenn sich der Himmel heute zum Abschluss
wieder etwas bewölkter zeigt. Die Wolkenlücken sind groß
genug, damit ich nach dem Start des Flugzeuges von
Evenes aus noch ein paar schöne Luftaufnahmen der
einmaligen arktischen Gebirgslandschaft machen kann.
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