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Von Kangerlussuaq zum Russelgletscher und auf das Inlandeis
 

Blick zum Russelgletscher

Kangerlussuaq (dänisch Søndre Strømfjord) liegt ca. 50 Kilometer nördlich des Polarkreises am Ende eines 170 km langen Fjordes tief im Landesinneren und ist trotz seiner nur reichlich 500 Einwohner einer der bedeutendsten Orte Grönlands. Hier befindet sich nämlich die einzige Landebahn für größere Passagierflugzeuge. Genau genommen landet nach einer Flugzeit von ca. 4,5 Stunden nur der einzige Airbus der Air Greenland von Kopenhagen kommend (Stand Sommer 2015). Da von hier aus aber alle wichtigen grönländischen Orte via Inlandsflug erreicht werden können, bildet Kangerlussuaq praktisch die Drehscheibe des Luftverkehrs der riesigen Insel. Der Ort geht auf eine amerikanische Air Base zurück, die von 1941 bis 1951 zu diesem Zweck genutzt wurde. Während des 2. Weltkrieges mussten die amerikanischen Bomber auf ihrem Flug nach Europa aufgetankt werden. Dies geschah unter anderem in Kangerlussuaq. Während der Ort noch heute von seiner für die deutsche Geschichte wenig rühmlichen Vergangenheit profitiert, wurden andere Luftstützpunkte von den Amerikanern einfach verlassen. Da das alte Kriegsgerät in der extrem trockenen arktischen Luft nur sehr langsam verrottet, liegen die Überreste noch heute in Grönland, wie wir uns 2012 in Ikateq selbst überzeugen konnten.

Die Amerikaner blieben hier bis 1992. Das kleine Museum im ehemaligen Sitz des Kommandanten erinnert an die Zeit vom 2. Weltkrieg an und zeigt auch die Stadtgeschichte danach. Ein Besuch ist durchaus lohnenswert.

„Kangerlussuaq ist ein sehr besonderer Ort, da er mehr oder weniger aus dem Flughafen besteht und ansonsten wenig Infrastruktur hat. Aber die Natur ist wundervoll!” wirbt die offizielle Grönlandseite.

Neben dem Museum bietet der Ort selbst nur noch seinen berühmten Wegweiser (Bild 07). Aber von hier aus gibt es die einzige Möglichkeit, mit einem Fahrzeug bis an das Inlandeis zu kommen. Das Inlandeis ist nur etwa 25 km von Kangerlussuaq entfernt. Diese Tatsache und die von der Air Base angelegte kurze Schotterpiste machte sich der VW-Konzern zu Nutze, um ein Testgelände auf dem Inlandeis zu errichten. Geschützt vor Industriespionage und doch in Flughafennähe wurden neue Entwicklungen erprobt. Zwar gibt es mittlerweile diese Testgelände nicht mehr, aber die von VW errichtete Piste am Russelgletscher vorbei bis an den Rand des Inlandeises ist noch heute nutzbar. Aus Naturschutzgründen ist der letzte Abschnitt der mit 35 Kilometern längsten Straße Grönlands allerdings nur mit Sondergenehmigung befahrbar und mit einem Schlagbaum versperrt. Oder ist das nur ein Geschäftsmodell des Reiseveranstalters World of Greenland, um die Touristen exklusiv an den Rand des Inlandeises zu transportieren? Auf „eigene Faust“ mit einem geländetauglichen Leihwagen dort unterwegs zu sein, dürfte allerdings kaum lohnenswert sein. Wie gesagt, es gibt außerhalb des Ortes nur diese eine Piste.

Bildergalerie RusselgletscherZunächst unternehmen wir einen Ausflug zum gewaltigen Russelgletscher. Mit einem umgebauten Unimog geht es auf abenteuerliche Offroadfahrt. Vom „reichhaltigen Tierleben“ sehen leider nur ganz in der Ferne einige Moschusochsen. Zu weit entfernt für meine Kamera, ebenso das Rentier. Der Schneehase ist schon wieder verschwunden, bevor ich die Digicam in Anschlag bringen kann. Der Russelgletscher aber kann uns nicht davonlaufen und zeigt sich fotogen unter strahlend blauem Himmel.

Mit seinen 60 Meter hohen steil aufragenden Eiswänden bietet der Gletscher einen unvergesslichen Anblick. Dazu der Regenbogen, der durch die Gicht des Schmelzwassers erzeugt wird. Die Umgebung ist spektakulär. Während der Fahrt zum Gletscher hatten wir noch an der Absturzstelle amerikanischer Flugzeuge gehalten. Diese waren (nach dem Krieg) beim Landeanflug in extrem schlechtes Wetter geraten und hatten den Flugplatz nicht mehr erreicht. Die Piloten konnten sich mit dem Schleudersitz retten. Die Absturzstelle wird von den Fahrern gern als willkommene Pause für die Muskulatur der durchgeschüttelten Gäste genutzt.

auf dem Inlandeis
 
Am kommenden Tag brechen wir zu unserem wirklichen Abenteuer auf. Es geht wieder auf die Schotterpiste, aber jetzt noch ein Stück weiter bis zum so genannten „Point 660“, einem 660 Meter hohen namenlosem Berg. Von hier aus wollen wir das Inlandeis betreten, ein Camp errichten, eine Nacht im Zelt verbringen und am nächsten Tag zu einer längeren Wanderung aufbrechen. Organisiert werden solche Touren vom zuvor schon mehrfach genannten grönländischen Veranstalter mit einem dänischen (englisch sprechenden) Guide.

Bildergalerie InlandeisAm „Point 660“ erreichen wir also den Zugang zum Inlandeis. Zunächst werden vier Pulkas (Schlitten) mit einem Teil der Ausrüstung beladen. Wir sind insgesamt 10 Leute, die auf das Inlandeis aufbrechen. Ich bekomme auch einen der Schlitten zugeteilt. Zunächst müssen wir die Ausrüstung über einen Schotterhang hinaufziehen. Dann geht es abwärts auf das Inlandeis. Kleine Schmelzwasserbäche sind zu überwinden. Gar nicht so einfach mit der Pulka. An manchen Stellen hilft ein Holzbalken als „Brückenersatz“. Nach etwa 45 Minuten erreichen wir die Stelle, an der das Camp aufgebaut werden soll. Hier hat der Veranstalter bereits einen Teil der Ausrüstung fest deponiert und mit Tauen gut gesichert. Wir errichten zunächst das Gemeinschaftszelt, in dem wir die Mahlzeiten zubereiten werden. Dann bauen wir die Zweipersonenzelte auf. Zum ersten Mal nutze ich Eisschrauben statt Heringe. Die Eisschrauben sollte man übrigens in gewissen Abständen nachziehen, da die Außentemperaturen den meisten Teil des Tages über 0 °C liegen und das Eis taut. Nach Mitternacht (von Nacht kann man allerdings bei 24 Stunden Sonnenschein nicht sprechen) sank die Temperatur dann allerdings in den Minusbereich. Zum Abendessen gab es Tee/Kaffee mit aufgetautem Gletschereis und Expedtionsverpflegung aus der Tüte (mit heißem Wasser aufgegossen). Nicht besonders gut ausgeschlafen brachen wir am nächsten Morgen zu einer längeren Wanderung durch das Inlandeis auf. Das geht natürlich nur mit angeschnallten Steigeisen und Trekkingstöcken. Immer im ständigen Auf und Ab durch das Eis, Wasserläufe querend und das einmalige Schauspiel der Gletschermühlen (Moulins) betrachtend, wird dieses Erlebnis wohl immer in unserem Gedächtnis haften bleiben. Die Fotos vermitteln sicher einen besseren Eindruck als dies eine Beschreibung kann. Am späten Nachmittag ging es nach dem Abbau des Camps zurück zum Point 660, von wo uns der Unimog zurück nach Kangerlussuaq brachte.
 

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